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Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe:

Stromlücke entspringt „strategischem Kalkül“ der Energiekonzerne
Diskussion über bevorstehende Stromunterversorgung ist interessengeleitet – Analyse der dena kommt wegen zweifelhafter Vorfestlegungen zu erwünschtem Ergebnis – DUH-Geschäftsführer Baake: „RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW wollen die Strukturen erhalten, die sie reich gemacht haben und die ihre Macht dauerhaft sichern“ – Wirkliche Probleme bestehen bei der Stromnetzintegration erneuerbarer Energien und der Umsetzung der Effizienzziele der Bundesregierung

Berlin, 07. April 2008: Die seit Wochen diskutierte, angeblich in Deutschland drohende Stromlücke entspringt einem „strategischen Kalkül“ der vier dominierenden Energiekonzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW. Ziel der Unternehmen ist es, trotz der Diskussion über den Klimawandel in Deutschland, neue Kohlekraftwerke in großer Zahl ans Netz zu bringen und den einst mit ihnen vereinbarten Atomausstieg rückgängig zu machen. Das erklärte die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) auf Basis eigener Berechnungen und der Bewertung einer Kurzanalyse der Deutschen Energie-Agentur (dena), die die Diskussion über eine Stromverknappung in Deutschland angeheizt hatte.

„Die in der dena-Kurzanalyse zugrunde gelegten Ausgangsdaten und Grundannahmen dienten ohne Ausnahme dem offensichtlich vorgegebenen Ergebnis, eine möglichst große Stromunterversorgung für Deutschland zu prognostizieren“, erläuterte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake in Berlin. Allein die zu niedrig angesetzten Laufzeiten für bestehende fossile Kraftwerke würden bei einer realistischeren Betrachtungsweise die Stromlücke im Nichts verschwinden lassen. Ein Bündel weiterer Vorabfestlegungen diene erkennbar ebenfalls dem Ziel „eine Lücke herbeizuanalysieren“. Darüber hinaus sei die Untersuchung „zukunftsvergessen und phantasielos, indem sie die Dynamik der technologischen Entwicklung vollständig ausblendet und das traditionelle Energiesystem der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zur Grundlage des Energiesystems in der Mitte des 21. Jahrhunderts machen will“, so Baake. Dieses Vorgehen sei in letzter Konsequenz technologiefeindlich.

Baake verwies darauf, dass sich Deutschland in den vergangenen Jahren zu einem Stromexportland entwickelt habe. 2006 und 2007 wurde per Saldo jeweils die Jahresleistung von vier bis fünf Großkraftwerken ins Ausland geliefert. 2007 war dies möglich, obwohl die Atomstromproduktion wegen der langen Stillstände der Reaktoren in Brunsbüttel, Krümmel und Biblis regelrecht eingebrochen war. Wegen des anhaltenden Erfolgs der erneuerbaren Energien habe sich die Schere zwischen Stromerzeugung und Bedarf im Inland in jüngster Zeit deutlich geöffnet. Ihre gesicherte, also ständig verfügbare Leistung werde sich wegen des Zubaus von mit Biogas betriebenen Kraftwerken und des Ausbaus der Windenergie auf dem Meer entgegen den Vorgaben der dena bis 2020 deutlich erhöhen.

Baake warnte die Bundesregierung davor, die interessengeleitete Diskussion über Versorgungssicherheit zu Lasten der Klimaschutzpolitik zu führen. „Die angebliche Stromlücke wird für Bundeskanzlerin Angelika Merkel sonst sehr schnell zur klimapolitischen Glaubwürdigkeitslücke.“ Baake verwies in diesem Zusammenhang auf die in der vergangenen Woche vom Umweltbundesamt (UBA) veröffentlichte Untersuchung „Atomausstieg und Versorgungssicherheit“. In ihr hatten die UBA-Experten eine Stromlücke bis 2020 ausgeschlossen, sofern die Bundesregierung die von ihr im letzten Jahr festgelegten Klimaziele umsetzt.

Ernsthafte Probleme sieht die DUH hingegen bei der Integration eines wachsenden Anteils Erneuerbarer Energien in die Stromnetze. Bis 2020 sollen die regenerativen Energien nach den Plänen der Bundesregierung 25 bis 30 Prozent zur Stromversorgung beitragen, das entspricht einer Verdoppelung gegenüber dem heutigen Wert, wobei die Windenergie sicherlich den mit Abstand größten Anteil beisteuern muss. Unabdingbare Vorraussetzung dafür ist die Anpassung der Netzinfrastruktur an die Erfordernisse einer dezentralen und fluktuierenden Einspeisung insbesondere großer Mengen von Windenergiestrom, dessen Erzeugungsstandorte in der Regel weit entfernt von den Verbrauchszentren liegen. Die bevorstehende Errichtung großer Windparks im Offshore-Bereich wird die Notwendigkeit des Abtransportes über große Distanzen weiter erhöhen.

Die Energiekonzerne, deren Vorgängerunternehmen den Ausbau der erneuerbaren Energien über mehr als ein Jahrzehnt vor den Gerichten bekämpft hätten, seien mitverantwortlich dafür, dass der Netzumbau mit der Entwicklungsdynamik nicht Schritt gehalten habe. Hinzu kämen heute aber unbestreitbar Widerstände vor Ort, auch von Umweltschützern. Der Versuch der Bundesregierung, die „Verzögerungsmacht“ dieser regionalen Widerstände über einen verkürzten Rechtsweg zu begrenzen, wird nach Einschätzung der DUH nicht zum Ziel führen. Vielmehr müsse bundesweit, aber noch dringlicher vor Ort versucht werden, einen gesellschaftlichen Dialog über die Notwendigkeit des Netzumbaus in Gang zu setzen. Oberstes Ziel dabei müsse sein, die ökologischen Lasten zu minimieren.

Die Deutsche Umwelthilfe plädiert dafür, in Deutschland über die bereits in der Realisierung befindlichen Projekte hinaus keine weiteren konventionellen Kohlekraftwerke mehr zu errichten und ihren Bau gesetzlich zu verbieten. Andernfalls sei die von der Bundesregierung für 2020 angestrebte Minderung des nationalen Kohlendioxid-Ausstoßes um 40 Prozent gegenüber 1990 nicht zu erreichen. Außerdem würde der Zubau von Kohlekraftwerken zur Folge haben, dass in Deutschland auch in Zukunft wenig Strom mit viel CO2 erzeugt werde. Bei immer knapperen EU-weiten Obergrenzen für die CO2-Emissionen werde dies zuerst den Strom verteuern, dann tatsächlich verknappen und schließlich die Forderung nach einer Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke befeuern. Auch dies sei ein durchsichtiges Kalkül der großen Stromkonzerne.

Für Rückfragen:

Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Mobil: 0151 55016943, Tel.: 0302400867 0, Fax: 030 2400867 19, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil: 0171 5660577, Tel.: 030 2400867-21, Fax: 030 2400867-19, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!



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