Ostsee-Zeitung l Wochenendausgabe, 15. März 2008 | Aus der Nachbarschaft l 562 Wörter
1,8 Millionen Euro fließen in Tribseeser Fotovoltaik-Anlage

Tribsees Auf einer Gesamtfläche von 2200 Quadratmetern wird jetzt auf den Dächern der Firma Veolia-Umweltservice die Energie der Sonne eingefangen. Gestern wurde die von fünf Privatinvestoren finanzierte Anlage eingeweiht. Größer konnte der Kontrast kaum sein. Als gestern um 11 Uhr die Sektflaschen für die 1,8 Millionen Euro teure SolarstromAnlge geköpft wurden, goss es draußen wie aus Kannen. „Wirklich ein Bombenwetter, um so eine Anlage einzuweihen“, begrüßte Gunther Regenbrecht von der federführenden Firma Energiesysteme Deutschland GmbH (ESD) die mehr als 20 Gäste.

Dass sich Tribsees nicht gerade als Sonnenstadt präsentierte, störte in der Runde der Sonnenenergie-Profis aber ernsthaft keinen. Im Gegenteil, Mecklenburg-Vorpommern hat der Branche viele Vorteile zu bieten, wie Ullrich Buchta, Referatsleiter für Klimaschutz im Wirtschaftsministerium, herausstellte: Extreme Hitze, die den Wirkungsgrad der Fotovoltaik-Module wieder sinken lässt, gibt’s hier fast nie, reichlich Wind sorgt für die nötige Durchlüftung, und trotzdem gehört der Ostsee-Raum zu den sonnigeren Regionen in Deutschland.

Was in den vergangenen drei Monaten auf den Dächern der Firma Veolia-Umweltservice am Grammendorfer Weg montiert wurde, ist eine wohl durchdachte Investition. Für die Einspeisung des Stroms, der aus den Solarzellen gewonnen wird, zahlt die E.dis 46 Cent pro Kilowattstunde – mehr als das Doppelte des normalen Strompreises. So wie es im Erneuerbare-EnergienGesetz vorgeschrieben ist.

Dass der normale Stromkonsument das mit einem Aufschlag von einem Cent pro Kilowattstunde mitfinanziert, ist die eine Seite der Medaille, der positive Effekt für den Klimaschutz die andere. „150

Fesselballons können mit der Menge CO2 befüllt werden, die diese Anlage jährlich der Umwelt erspart“, erklärt Norbert Maxin, Chef der Barther Elektrofirma EAB, die den Montagejob erledigte, dabei 49 000 Einzelteile verbaute.

Gunther Regenbrecht legt noch einen drauf. Mit einer Spitzenleistung von 330 Kilowatt könnten 75 Haushalte mit Strom versorgt werden. Die Anlage ist sogar etwas größer geworden als ursprünglich angekündigt (OZ berichtete am 20. Februar). Die Solarmodule bringen es jetzt auf eine Gesamtfläche von rund 2200 Quadratmetern.

In 14 Jahren, so rechnet Regenbrecht vor, wird sich alles amortisiert haben, danach wird richtig Geld verdient. Von dem Geschäftsmodell profitieren viele Partner, wobei die Fäden bei der im südhessischen Pfungstadt ansässigen ESD GmbH zusammenlaufen. Die mietet deutschlandweit bei Firmen wie dem Abfallentsorger Veolia Dachflächen und sucht für die Bestückung mit Solarmodulen wiederum Privatinvestoren.

In Tribsees haben sich dafür fünf Partner zusammengetan, darunter Violetta Dzhafarova und Holger Koch, die selbst bei der ESD arbeiten. „Das ist eine gute Altersvorsorge, sicherer als Aktien, und man tut was für die Umwelt“, erklärt Ingenieur Koch sein Engagement. Millionen hatte keiner flüssig, doch das war auch nicht nötig. Eine auf neue Energien spezialisierte Finanzierungsfirma besorgte entsprechende Bankkredite, drückte den Eigenkapitalanteil auf 20 Prozent.

Die ESD hat deutschlandweit bereits 50 000 Quadratmeter gemietet, weitere 250 000 sollen in den nächsten 18 Monaten dazukommen. In MV ist Tribsees Pilotprojekt der Firma, eine weitere Anlage in Gützkow befindet sich im Bau, eine dritte soll nun in Strasburg folgen. Wachstumspotenzial sieht Regenbrecht noch reichlich, derzeit seien nur ein Prozent der Dachflächen mit Solarmodulen bestückt.

Bürgermeister Lothar Schimmelpfennig brachte das als Vorsitzender des Berufsbildungsvereins gleich auf eine Idee: Die weitläufigen Dächer der BBV-Gebäude in Tribsees könnte man doch prima mit Solarmodulen bestücken.

CHRISTOPH HOHLFELD