Ostsee-Zeitung l 10.03.2010 l Seite 13
OSTSEE-ZEITUNG: Frau Kaspar, trotz des Rückzugs vonKarin Kaspar: Die Bürgerinitiativen sind sich einig, dass das Projekt mit dem Absprung von Dong tot ist. Dennoch ist es fatal, wenn Kräfte, gesteuert von einer CDU-Lobby, am Projekt festhalten.
OZ: Was meinen Sie konkret?
Kaspar: Das Hinauszögern und die Fortführung des Genehmigungsverfahrens, die Präsentation eines weiteren, wie wir meinen, Gefälligkeits-Gutachtens über die angebliche wirtschaftliche Bedeutung eines Kohlekraftwerks: all das verzögert doch eine wirkliche Entwicklung des Standortes Lubmin. Die CDU-Lobby verhindert also mit ihrer Taktik, dass Arbeitsplätze geschaffen werden.
OZ: Der Präsident des Unternehmerverbandes, Gerold Jürgens, macht genau diesen Vorwurf den Kraftwerksgegnern. Er verweist auf 140 Arbeitsplätze in einem möglichen Kohlekraftwerk und viele potenzielle weitere Stellen, die in Betrieben um das Kraftwerk herum entstehen würden.
Kaspar: Als Gegenargument einige Zahlen. Am Standort Lubmin wurden Ende 2008 9,2 Hektar von Firmen genutzt, die dort 820 Arbeitsplätze vorhielten. Rechnet man das auf die 40 Hektar hoch, die nach wie vor für das Kohlekraftwerk reserviert sind, könnten auf der Fläche 3500 Arbeitsplätze entstehen. Dagegen sind die 140 möglichen im Kohlekraftwerk doch lächerlich.
OZ: Die Allianz fordert, dass sich die Kraftwerke Greifswald GmbH zurückziehen soll, damit die blockierten Flächen anders entwickelt werden können. Haben Sie denn Kontakt zu konkreten Investoren?
Kaspar: Wasserdichtes gibt es zugegebenermaßen noch nicht. Bevor jedoch nicht klar ist, dass die blockierten Flächen in Lubmin anders genutzt werden können, werden potenzielle Investoren auch nicht aktiv, obwohl Windkraftunternehmen händeringend nach Standorten suchen.
OZ: Wie bewerten Sie es, dass das Genehmigungsverfahren noch läuft, obwohl der Investor mehrfach bei Gutachten säumig war und mit Dong der Hauptgesellschafter abgesprungen ist?
Kaspar: Ich finde das unglaublich. Die Erörterungstermine haben gezeigt, dass ein solches Kraftwerk wegen der Boddenerwärmung umliegende Naturschutz- und Vogelschutzgebiete gefährdet. Dazu kommen Emissionsbelastungen durch Quecksilber und Feinstäube. Es ist an der Zeit, dass Umweltminister Backhaus das Genehmigungsverfahren für beendet erklärt. Damit sich der Industriestandort Lubmin endlich richtig entwickeln kann.
Interview: ALEXANDER LOEW