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horizonte, Nr. 23 - Frühjahr 2008 

Die Chronologie - Ein kleiner Abriss der Ereignisse

10. August 2006:

In der Ostsee-Zeitung wird berichtet, dass »ein Investor Interesse am Bau eines Steinkohlekraftwerks« in Lubmin bekundet habe. 16 Tage später informiert die OZ darüber, dass sich die Bürgerinitiative »Zukunft Lubminer Heide« auf einer Informationsveranstaltung gegen den Bau des Kraftwerks ausgesprochen habe.

4. November 2006:

In Warnemünde findet zur Beschlussfassung über die Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und CDU ein Landesparteitag statt. Bei 63 Ja- und 10 Nein-Stimmen sowie 16 Enthaltungen wird der Koalitionsvertrag angenommen. Hierzu gehört auch folgender Passus: »Mit der Anbindung an das internationale Gasnetz kann Lubmin bei Greifswald in den kommenden Jahren zum herausragenden Energiestandort unseres Landes entwickelt werden. Durch den Bau und den Betrieb neuer Gas- und Kohlekraftwerke und die Ansiedlung anderer energieerzeugender Betriebe können neue Arbeitsplätze im Landesteil Vorpommern entstehen.« Damals regte sich kein Widerstand gegen diesen Passus.

25. November 2006:

Der SPD-Ortsverein Usedom und die AG 60+ laden zum Stammtisch in das Naturfreundehaus nach Zinnowitz ein. Thema: Steinkohlekraftwerk Lubmin. Der Ortsverein unterstützt die Bürgerinitiative gegen das Kraftwerk mit Unterschriftenaktionen.

12. Januar 2007:

Ministerpräsident Ringstorff trifft sich mit dem Vorstandsvorsitzenden von DONG Energy, Anders Eldrup. An dem Gespräch nehmen Wirtschaftsminister Seidel und Infrastrukturminister Ebnet teil. DONG will 1,5 Mrd. Euro in Lubmin investieren. Nach dem Treff en bezeichnet Ringstorff das Projekt als »bedeutende Investition«. Sein Kollege Ebnet (SPD) lobt den »sensationellen Erfolg« des Energiestandorts Lubmin. Nach OZ-Angaben war er es, der noch als Wirtschaftsminister den Ausbau des Kühlwasserkanals in Lubmin herbeigeführt hatte.


14.-15. April 2007:

Auf dem Kinderland-Parteitag der SPD in Salem wird über einen Antrag aus Ostvorpommern diskutiert, in dem der Kraftwerksbau abgelehnt wird. Die Landesregierung muss harte Kritik von der SPD-Basis einstecken – insbesondere aus Vorpommern. Ministerpräsident Ringstorff meldet sich während der Debatte nicht zu Wort. Er verfolgt sie vom Publikum aus. Neben ihm ebenso schweigsam: der ehemalige Wirtschaftsminister Dr. Otto Ebnet. Statt der Annahme eines Antrages aus Ostvorpommern gegen das Kraftwerk wird beschlossen, Landtagsfraktion und Landesvorstand zu beauftragen, bei der geplanten Investition wesentliche Verbesserungen zu erreichen. Die Landespresse verpasst diese Debatte fast vollständig, weil die Parteitagsregie sie einfach auf den Abend des 14. April vorgezogen hatte.


April 2007:

79,5 % der Teilnehmer an einer Bürgerbefragung stimmen gegen das Steinkoh­lekraftwerk in Lubmin.


2. Mai 2007:

Auf der ersten Sitzung des neu gewählten SPD-Landesvorstandes wird eine Arbeitsgruppe zur Abarbeitung des Parteitags­beschlusses einberufen. Mitglieder der Arbeits­gruppe sind Dr. Gottfried Timm, Prof. Dr. Bodo Wiegand-Hoffmeister, Katharina Feike, Dr. Till Backhaus, Rudolf Borchert, Otto Ebnet sowie ein Vertreter der Staatskanzlei.


31. Juli 2007:

Die Arbeitsgruppe um Dr. Gott­fried Timm legt dem Landesvorstand einen Antrag für den SPD-Bundesparteitag vor, der einstimmig angenommen wird. Hierin heißt es u.a.: »Des Weiteren sprechen wir uns dafür aus, dass bundesweit keine neuen Kohlekraftwerke ohne KWK-Technologie mehr genehmigt werden. Dazu ist es erforderlich, einen Anschlusszwang für Fernwärme festzulegen.«


26.-28. Oktober 2007:

In einer Kampfabstim­mung beschließt der SPD-Bundesparteitag, das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz so zu ändern, dass neue Kraftwerke auf der Grundlage fossiler Brennstoffe nur noch genehmigt werden können, wenn sie nachweislich Kraft-Wärme-Kopplung verwirklichen. Das geplante Lubminer Kraftwerk würde diesem Beschluss entgegenstehen.


1. November 2007:

Der SPD-Landesvorstand beschließt auf der Grundlage der Ergebnisse der eingesetzten Arbeitsgruppe bei Anwesenheit des Ministerpräsidenten einstimmig, den dänischen Investor aufzufordern eine Halbierung der geplan­ten Kraftwerksleistung vorzunehmen.


26. November 2007:

Ministerpräsident Ringstorff bezeichnet in einem OZ-Interview das geplante Kraftwerk als »Urknall« für Vorpommern.


7. Dezember 2007:

SPD-Landesvorstand und -parteirat treffen sich in Güstrow. In Abwesenheit des Ministerpräsidenten wird deutliche Kritik an dessen »Urknall«-Theorie geäußert. Auf Vorschlag des SPD-Fraktionsvorsitzenden Schlotmann beschließt der Vorstand einmütig, das Gespräch mit den Vertretern von DONG zu suchen.


15. Dezember 2007:

Verschiedene Umweltver­bände werfen Wirtschaftsminister Seidel vor, dass sein Ministerium an den Antragsunterlagen des Investors DONG selbst mitgearbeitet habe und ein rechtsstaatliches Verfahren nicht mehr gesi­chert sei. Gegen Mitarbeiter des Ministeriums wird Strafanzeige erstattet.


03. Januar 2008:

Zum Jahreswechsel wird der Beschluss des SPD-Landesvorstandes öffentlich, mit DONG reden zu wollen. Teile der Presse wittern eine »SPD-Revolte gegen Ringstorff«.


10. Januar 2008: Die SPD-Landtagsfraktion MV veranstaltet ihre Klausur in Neubrandenburg. Auf einer Pressekonferenz gibt SPD-Landesvor­sitzender Sellering bekannt, dass die Partei den Halbierungsbeschluss geschlossen mittrage. »Der Ministerpräsident ist Teil dieser Geschlossenheit«, so Sellering.


21. Januar 2008:

Der geschäftsführende Lan­desvorstand der SPD sowie die vorpommerschen SPD-Kreisvorsitzenden treffen sich in Greifswald mit Vertretern von DONG. Sellering fordert DONG auf, das geplante Kraftwerk zu halbieren. Ministerpräsident Ringstorff macht nach eigenen Angaben DONG nach diesen Ausführungen ein­dringlich auf die Akzeptanzprobleme aufmerksam und fordert den Investor auf, Maßnahmen zu prüfen, die geeignet sind, die Akzeptanz der Investition zu erhöhen.


22. Januar 2008:

Zahlreiche Medien in Meck­lenburg-Vorpommern interpretieren die Vorgän­ge als Punktsieg des neuen SPD-Vorsitzenden gegenüber dem Ministerpräsidenten. Dieser lässt daraufhin durch seine Sprecherin verkünden, dass er das Wort »Halbierung« nie in den Mund genommen habe. DONG zeigt sich zufrieden und hofft, der Ministerpräsident würde zu seinen »Zusagen« stehen.

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