Ostsee-Zeitung l 01. August 2009
Rückenwind für Kraftwerksgegner

Das Aus für Lubmin konnte Sigmar Gabriel zwar nicht verkünden. Aber auch der Bundesminister ist gegen den Kraftwerksbau. Von ANDREAS MEYER Insel Vilm/ Lubmin. Die Gegner des geplanten Steinkohlekraftwerks in Lubmin haben seit gestern einen weiteren Verbündeten: den Bundesumweltminister höchstpersönlich. Der hat über den Bau zwar nicht zu entscheiden, ist politisch aber ein echtes Schwergewicht. „Ich sehe die Pläne für Lubmin äußerst skeptisch“, sagte Sigmar Gabriel (SPD) gestern im Hafen von Lauterbach. Den ganzen Tag über war Gabriel auf Rügen unterwegs. „Sommertour“ nennen das Politiker. Nach einem Segeltörn von Sassnitz nach Vilm und einem Rundgang über eben jene geschützte Insel traf der Umweltminister in Lauterbach auf eine kleine, aber engagierte Gruppe von Kraftwerksgegnern. Mit Spruchbändern an der Kaikante machte die Bürgerinitiative ihrem Frust über die Bau-Pläne des dänischen Konzerns Dong Energy Luft und stieß bei dem SPD-Mann auf offene Ohren: „Es ist nicht klug, ausgerechnet Lubmin als Standort für ein Steinkohlekraftwerk zu wählen“, rief Gabriel den Demonstranten zu. „Ich sehe mehrere Probleme.“ Gegen Kohlekraftwerke habe er generell zwar nichts einzuwenden – schließlich müsse der Strom nach demAusstieg aus der Atomkraft ja irgendwo herkommen. Doch die Pläne von Dong lehne er ab: Dass keine Kraft-Wärme-Kopplung geplant ist, sei nur einer von vielen Nachteilen. „Dong verzichtet aus finanziellen Gründen auf einen Kühlturm und will stattdessen mit dem Bodden- Wasser kühlen. Das ist ökologisch bedenklich“, goss Gabriel Wasser auf die Mühlen der Rügener Kraftwerksgegner um Torsten Jelinski. Dass in Dänemark ein ähnliches, aber sogar noch kleineres Projekt von Dong abgelehnt worden sei, müsse jeden skeptisch machen. „Das Kraftwerk wäre ein massiver Eingriff in den Natur-Haushalt.“ Und außerdem: Müsse eine solche Anlage dort gebaut werden, wo die Menschen vom Tourismus leben? Wer nun aber gehofft hatte, der Bundesminister würde am Kai von Lauterbach das Aus für Lubmin verkünden, der wurde enttäuscht: Die kritischen Töne waren das Höchstmaß an Unterstützung. Gabriel wolle zudemmit seiner dänischen Amtskollegin Connie Hedegaard sprechen. Die solle auf Dong einwirken, von Lubmin abzulassen. Schlussendlich sei aber die Landesregierung in Schwerin für Lubmin verantwortlich. Eine Entscheidung dort wird aber noch auf sich warten lassen: „Das Kraftwerk ist nach wie vor nicht genehmigungsfähig“, ließ Landesminister Till Backhaus (SPD) wissen. Dong habe noch immer nicht alle geforderten Unterlagen eingereicht. Auch das so genannte „Herings-Gutachten“ zu den Auswirkungen des Kühlwassers auf den Lebensraum Bodden sei noch nicht fertig. „Wir befragen weitere Experten.“ Für Torsten Jelinski waren die pauschalen Aussagen dennoch eine Enttäuschung: „Wir haben in 20 Jahren eine weiße, umweltfreundliche und erfolgreiche Wirtschaft aufgebaut. Die wird durch das Kraftwerk gefährdet.“ Auch Dr. Marianne Linke, Bundestagskandidatin und Landtagsabgeordnete der Links-Partei, war Gabriels Unterstützung nicht entschlossen genug: „Die Bundespolitik muss endlich die Gesetzesinitiative ergreifen, um Projekte wie Lubmin zu verhindern.“